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100 Songs - Geschichte wird gemacht
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100 Songs - Geschichte wird gemacht

Author: ORF

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Stefan Niederwieser und Co-Host Robert Stadlober beleuchten hundert ikonische Songs und ihr Eigenleben: ein Abschiedslied aus Chile wird zur Hymne von Protestbewegungen rund um den Globus; ein Protestlied wird zur Hymne von Sportfans; oder ein Lied übers Tanzen wird zu einer feministischen Hymne, selbst über den eigenen Körper zu bestimmen. Expertinnen und Experten erzählen die Geschichte von Revolutionen, Riots und Reformen, von Unruhen und Umbrüchen, von Kämpfen, Krisen und Konflikten, vom Wandel, Wenden und Zeitenwenden. Weitere Infos: https://oe1.orf.at/100songs
9 Episodes
Reverse
Miriam Makeba - bekannt als Mama Africa - brachte Südafrika zurück auf die Landkarte globaler Pop-Musik. Bereits in den 1950ern gründete sie eine rein weibliche Gesangsgruppe, sie engagierte sich gegen die Apartheid - die gesetzliche Trennung nach Hautfarben -, 1960 musste sie im Exil bleiben, wo ihr bald schon die südafrikanische Staatsbürgerschaft entzogen wurde. In den USA gewann sie mit Harry Belafonte als erste Frau aus Afrika einen Grammy Award und sprach vor den Vereinten Nationen gegen das südafrikanische Regime. 1967 fügte sie ihrem weitgehend auf Xhosa gesungenen "Pata Pata" einige englische Passagen hinzu und veröffentlicht damit einen Welthit. Trotz seines scheinbar unbedeutenden Texts - zwei Menschen tanzen und betatschen sich - wurde "Pata Pata" immer mehr zu einer Hymne an die Freiheit stilisiert. Eine Eigenproduktion des ORF, gesendet in Ö1 von 18.-21. 03. 2024.
Die Welt ist in West und Ost geteilt; und Berlin ganz besonders. Als 1972 der "Rauch-Haus-Song" in einem besetzten Westberliner Haus geschrieben wurde, sammelten sich in den Ruinen der alten deutschen Hauptstadt bereits seit einigen Jahren Anarchos, 68er und frühe Punks, die dort Räume der Selbstverwaltung forderten. Eines frühen Morgens rückten 400 Polizisten an, um das Rauchhaus im Stadtteil Kreuzberg nahe der Berliner Mauer zu räumen. Der Sänger Rio Reiser schrieb darüber einen agitatorisch-politischen Text der ob seiner Sprachwucht noch lange in unterschiedlichen deutschen Subkulturen nachhallte. Das Lied erschien auf einem unabhängigen Label und schuf damit eine Grundlage für eine Do-It-Yourself-Arbeitsweise, die später für Subkulturen in Deutschland zentral wurde. Eine Eigenproduktion des ORF, gesendet in Ö1 von 18.-21. 03. 2024.
Das Mädchen vom Land - kroatisch: Djevojka sa sela - trug hier hohe schwarze Absätze, weiße Söckchen und leuchtend roten Lippenstift. Sängerin Severina wurde 1972 in der dalmatinischen Hafenstadt Split geboren. Als Jugoslawien dann in den 1990ern blutig zerfiel, wurden die neuen Grenzen durch serbisch-bosnisch geprägten Turbofolk auch kulturell verstärkt. Severina schien hingegen dem neuen kroatischen Selbstverständnis mit westlich orientierter Popmusik Ausdruck zu geben. 1998 entwickelt sich ihr modern-pastoraler Song "Djevojka sa sela" zur inoffiziellen Hymne der kroatischen Fußball-Nationalmannschaft, die bei ihrem ersten Antreten bei einer Weltmeisterschaft in Frankreich den dritten Platz erkämpfen konnte. Severina wurde später zu einem der wenigen gesamt-post-jugoslawischen Popstars und changierte sowohl musikalisch wie auch mit ihrem Dialekt gerne und mitunter ungeliebt zwischen Westen und Osten. Eine Eigenproduktion des ORF, gesendet in Ö1 von 18.-21. 03. 2024.
Keine zweite Musikerin bringt die multiplen Krisen der späten 2010er Jahre so zum Klingen wie die 18-jährige Kalifornierin Billie Eilish. Auf ihrem Debütalbum singt sie im Song "Xanny" über allgegenwärtige Opiate, die in den USA bereits zehntausende Menschen das Leben gekostet haben und auf "Buried A Friend" über Suizid, "All The Good Girls Go To Hell" ist eine biblische Geschichte vor dem Hintergrund steigender Meeresspiegel. Der Song "Bad Guy" wird schließlich zum definierenden Hit des Jahres 2019. Darauf entwirft die Sängerin in einer Neo Goth Street Wear kurz nach Metoo neue Geschlechterrollen, indem sie Männer symbolisch kastriert, sie ihre dicken Bäuche einziehen lässt, sie wehrlos in Anzügen am Boden liegen und auf Kinderdreirädern fahren lässt und ihr dabei in ihrem eigenen Identitätsentwurf unterwürfig dienen. Eine Eigenproduktion des ORF, gesendet in Ö1 von 18.-21. 03. 2024.
1941 wurde eine Kiste mit Schallplatten aus dem Wiener Funkhaus ins besetzte Jugoslawien geschickt, wo der örtliche Wehrmachtssender das bereits ältere "Lied eines jungen Wachpostens" bald schon regelmäßig zum Sendeschluss spielte. "Lili Marleen" wurde zu einer Verbindung von Soldaten, die an den weitläufigen Fronten eines verbrecherischen Krieges kämpften, und ihrer Heimat. In Nordafrika sollen die Waffen geschwiegen haben, als "Lili Marleen" allabendlich in den verfeindeten Lagern erklang. Bald brach eine Propagandaschlacht um das Lied aus, spanische, englische, französische und italienische Versionen wurden aufgenommen, 1944 sang Filmstar Marlene Dietrich, die kurz vor Kriegsausbruch die deutsche Staatsbürgerschaft abgelegt hatte, "Lili Marleen" mit dunklem Timbre für den US-Nachrichtendienst ein. Eine Eigenproduktion des ORF, gesendet in Ö1 von 22.–25. 04. 2024.
Das Leben hat ihr Hämmer, Turbinen, Barken und Regenschauer geschenkt, singt die chilenische Künstlerin Violeta Parra kurz vor ihrem Suizid, es hat ihr Haus und Hof geschenkt, das Lachen und die Tränen. Und aus Kummer und Glück webt sie - heißt es auf "Gracias a la vida" weiter - ihr Lied. "Gracias a la vida" wurde zu einem der bekanntesten Lieder der Nueva Cancion Chilena, deren Grundlage Violeta Parra in den 1950ern legte, als sie begann, die durch Migration in die Städte langsam verschwindende rurale Kultur Chiles zu dokumentieren. Violeta Parra sollte nicht mehr erleben, wie "Gracias a la vida" in den späten 1960er Jahren in den Rang einer humanistischen Hymne erhoben wurde. Eine Eigenproduktion des ORF, gesendet in Ö1 von 22.–25. 04. 2024.
Die sogenannten Troubles kosteten auf den britischen Inseln über etwa drei Jahrzehnte hinweg tausenden Menschen das Leben. Verschiedene paramilitärische Organisationen kämpften dabei gewaltsam für wie auch gegen eine Wiedervereinigung Irlands. Als 1993 mehrere Kinder bei Bombenanschlägen starben - einmal in einer nordenglischen Einkaufsstraße, ein andermal bei einem nordirischen Fischgeschäft -, wurde eine junge Sängerin aus einer west-irischen Kleinstadt dadurch so erschüttert, dass sie einen für die Band untypisch lauten und untypisch politischen Song schreibt. "Zombie" von The Cranberries wurde - wohl auch wegen seiner Widersprüche - zum größten Popsong über die sogenannten Troubles. Eine Eigenproduktion des ORF, gesendet in Ö1 von 22.–25. 04. 2024.
Um die Jahrtausendwende verbanden sich karibischer Dancehall und Hip Hop auf dem US-Außengebiet Puerto Rico zu etwas Neuem. Reggaetón war für die lokalen Eliten zunächst eine bedrohliche Mischung aus Drogen und Gewalt. Spezialeinheiten sollten die Kriminalität in den Sozialbauten der Hauptstadt San Juan mit eiserner Hand zerschlagen, auch hunderte CDs wurden beschlagnahmt. In diesem repressiven Klima wird Ivy Queen zum einzigen weiblichen Star in einer von markanten Männern geprägten Musikkultur. Als die Latin Wave in den USA zunehmend verebbte, entwickelte sich Ivy Queen's Partysong "Quiero Bailar" über Radiostationen in Florida zum Hit. Diese Version von Reggaeton, die leicht entschärft und radiotauglicher war, fiel dadurch erstmals einer globalen Öffentlichkeit auf. Eine Eigenproduktion des ORF, gesendet in Ö1 von 22.–25. 04. 2024.
Trailer

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2024-04-1202:02

Stefan Niederwieser ist Ö1 Sendungsgestalter und beschäftigt sich seit eineinhalb Jahrzehnten publizistisch mit Musik - nicht nur als Ausdruck ihrer Zeit, sondern als ihr atemberaubender Katalysator. Robert Stadlober ist Schauspieler (“Schnee”, “Das Boot“, “Verschwende deine Jugend“, “Crazy”), Musiker (Heym, Gary) und Mitgründer des österreichischen Indie-Label Siluh Records.
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