Camerata Øresund entdeckt die komponierende Markgräfin von Bayreuth neu
Update: 2025-07-17
Description
Sogar der respektlose Richard Wagner respektierte das barocke Bayreuth. Und daran tat er gut, denn zu Wagners Zeit war die Grande Dame dieses musikalischen Erbes zwar schon seit 100 Jahren tot, doch Wilhelmine von Bayreuth hatte wohl auch eine ziemlich energische Seite.
Hätte Wagner sich zwecks „Kunstwerk der Zukunft“ an den Schätzen der Vergangenheit vergriffen, hätte ihn vielleicht der Fluch der Wilhelmine ereilt.
Der theatersuchende Wagner ließ das alte Markgräfliche Opernhaus, das er bei seinem ersten Bayreuth-Besuch besichtigte, ehrfürchtig unangetastet. Stattdessen baute er dann bekanntlich sein eigenes Festspielhaus.
Das Bayreuther Markgräfliche Opernhaus von 1748 hingegen, heute UNESCO-Weltkulturerbe, blieb das bedeutendste Baudenkmal, das an die musikalische Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth, seine Erbauerin, erinnert. Einige Klangdenkmäler aber, die vom Wirken dieser besonderen Frau zeugen, sind jetzt auf einem neuen Album versammelt.
Eines davon ist das attraktive Cembalo-Konzert in g-Moll. Nach neuer musikwissenschaftlicher Ansicht könnte es in Wirklichkeit von Johann Gotthilf Jänichen komponiert sein. Aber sei’s drum, der cembalistische Geist passt trotzdem bestens zu Wilhelmine.
Und dass diese Frau nicht nur energisch war, sondern auch höchst feinsinnig, das zeigt das „Andante cantabile“. Zu schön, um unwahr zu sein.
Sie habe ihr Cembalo damals „mit Tränen benetzt“, erinnerte sich die Markgräfin an ihre harte preußische Jugend. Sie war die Schwester eines gewissen sensiblen Friedrich, der später einmal „der Große“ genannt wurde, und schrecklicher Kriegsherr werden sollte.
Wie dieser litt sie in jungen Jahren schwer unter dem harten, gefühlsfeindlichen Drill des Vaters Friedrich Wilhelms I., des sogenannten Soldatenkönigs.
Eiseskälte, wie sie dann auch im Komponieren der erwachsenen Wilhelmine vorkommt, die als verheiratete Markgräfin schließlich für ihre Kunst leben konnte. Sie war persönlich die Bayreuther Opernintendantin. In ihrer eigenen Oper „Argenore“ gibt es ein richtiges Bibber-Stück, dessen frostiger Charakter großartig an Purcells berühmte Winter-Arie erinnert:
Man hört schon, dass hier lauter markante, individuelle Musiker beteiligt sind: nicht nur die Mezzosopranistin Josefine Andersson, sondern alle Instrumentalisten der dänisch-schwedischen Camerata Øresund unter Leitung von Peter Spissky.
Ausgewogen und gut durchhörbar ist das aufgenommen. Nicht nur zwei Arien und zwei Konzerte von Wilhelmine selbst, sondern auch ein feuriges Concerto grosso des genialen Pietro Locatelli, mit dem die junge Prinzessin einst am Berliner Hof musizierte, sowie zwei Konzerte von Komponisten, die die Markgräfin später zu sich nach Bayreuth holte.
Einer der beiden, Bernhard Joachim Hagen, gehörte zu den besten Lautenisten seiner Zeit, und natürlich schrieb er auch für dieses zarte Instrument:
Das ist wirklich die Kunst der allerfeinsten Töne, wie sie uns heute oft verloren zu gehen droht. Und so ist dieses Album nicht lediglich das klingende Porträt einer bemerkenswerten Frau, sondern geradezu eine Reise in eine andere Welt.
Eine Welt, in deren Mittelpunkt aber natürlich Wilhelmine steht, die begnadete Künstlerin und höfische Netzwerkerin. In ihrer Flötensonate a-Moll ist vielleicht auch Erinnerung an das Instrument ihres leidenden Bruders eingeschrieben, das oft seine Seele retten sollte, bevor er der Große und Schreckliche werden musste. Kein Fluch der Wilhelmine also, sondern Dokument eines segensreichen Wirkens.
Hätte Wagner sich zwecks „Kunstwerk der Zukunft“ an den Schätzen der Vergangenheit vergriffen, hätte ihn vielleicht der Fluch der Wilhelmine ereilt.
Bauherrin des Markgräflichen Opernhauses von Bayreuth
Der theatersuchende Wagner ließ das alte Markgräfliche Opernhaus, das er bei seinem ersten Bayreuth-Besuch besichtigte, ehrfürchtig unangetastet. Stattdessen baute er dann bekanntlich sein eigenes Festspielhaus.
Das Bayreuther Markgräfliche Opernhaus von 1748 hingegen, heute UNESCO-Weltkulturerbe, blieb das bedeutendste Baudenkmal, das an die musikalische Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth, seine Erbauerin, erinnert. Einige Klangdenkmäler aber, die vom Wirken dieser besonderen Frau zeugen, sind jetzt auf einem neuen Album versammelt.
Energisch, aber höchst feinsinnig
Eines davon ist das attraktive Cembalo-Konzert in g-Moll. Nach neuer musikwissenschaftlicher Ansicht könnte es in Wirklichkeit von Johann Gotthilf Jänichen komponiert sein. Aber sei’s drum, der cembalistische Geist passt trotzdem bestens zu Wilhelmine.
Und dass diese Frau nicht nur energisch war, sondern auch höchst feinsinnig, das zeigt das „Andante cantabile“. Zu schön, um unwahr zu sein.
Gefühlskalte Kindheit als Tochter des Soldatenkönigs
Sie habe ihr Cembalo damals „mit Tränen benetzt“, erinnerte sich die Markgräfin an ihre harte preußische Jugend. Sie war die Schwester eines gewissen sensiblen Friedrich, der später einmal „der Große“ genannt wurde, und schrecklicher Kriegsherr werden sollte.
Wie dieser litt sie in jungen Jahren schwer unter dem harten, gefühlsfeindlichen Drill des Vaters Friedrich Wilhelms I., des sogenannten Soldatenkönigs.
Eiseskälte, wie sie dann auch im Komponieren der erwachsenen Wilhelmine vorkommt, die als verheiratete Markgräfin schließlich für ihre Kunst leben konnte. Sie war persönlich die Bayreuther Opernintendantin. In ihrer eigenen Oper „Argenore“ gibt es ein richtiges Bibber-Stück, dessen frostiger Charakter großartig an Purcells berühmte Winter-Arie erinnert:
Ausgewogen und gut durchhörbar
Man hört schon, dass hier lauter markante, individuelle Musiker beteiligt sind: nicht nur die Mezzosopranistin Josefine Andersson, sondern alle Instrumentalisten der dänisch-schwedischen Camerata Øresund unter Leitung von Peter Spissky.
Ausgewogen und gut durchhörbar ist das aufgenommen. Nicht nur zwei Arien und zwei Konzerte von Wilhelmine selbst, sondern auch ein feuriges Concerto grosso des genialen Pietro Locatelli, mit dem die junge Prinzessin einst am Berliner Hof musizierte, sowie zwei Konzerte von Komponisten, die die Markgräfin später zu sich nach Bayreuth holte.
Einer der beiden, Bernhard Joachim Hagen, gehörte zu den besten Lautenisten seiner Zeit, und natürlich schrieb er auch für dieses zarte Instrument:
Klingendes Porträt und Reise in eine andere Welt
Das ist wirklich die Kunst der allerfeinsten Töne, wie sie uns heute oft verloren zu gehen droht. Und so ist dieses Album nicht lediglich das klingende Porträt einer bemerkenswerten Frau, sondern geradezu eine Reise in eine andere Welt.
Eine Welt, in deren Mittelpunkt aber natürlich Wilhelmine steht, die begnadete Künstlerin und höfische Netzwerkerin. In ihrer Flötensonate a-Moll ist vielleicht auch Erinnerung an das Instrument ihres leidenden Bruders eingeschrieben, das oft seine Seele retten sollte, bevor er der Große und Schreckliche werden musste. Kein Fluch der Wilhelmine also, sondern Dokument eines segensreichen Wirkens.
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