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Rhythmische Grenzerfahrung: In „Corps extrêmes“ trifft Tanz auf Extremsport

Rhythmische Grenzerfahrung: In „Corps extrêmes“ trifft Tanz auf Extremsport

Update: 2025-10-31
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Ein Hochseilvirtuose tänzelt über dem Abgrund


Der Hochseilvirtuose Nathan Paulin tänzelt hundert Meter über dem Abgrund auf einem dünnen Seil. Geht in die Knie, um das Seil in schwindelerregender Höhe zum Schwingen zu bringen. Nathan Paulin balancierte auch schon zwischen Pariser Bauwerken über kilometerlange Slacklines.
Im Hessischen Staatstheater Darmstadt ist man Zeuge seiner lebensgefährlichen Aktionen. Am Anfang in einem Video. Darin erzählt Paulin von den Herausforderungen auf dem Seil.

Spektakuläre Performance der Compagnie de Chaillot


Fast unmerklich schwebt der Seilkünstler plötzlich wahrhaftig über ein Seil, das jetzt über die Theaterbühne gespannt ist. Genauso schnell platzieren sich Tänzer und Tänzerinnen der Pariser Compagnie de Chaillot sowie eine Artistin an einer riesigen weißen Kletterwand.
Dann laufen und springen sie übereinander, landen auf den Schultern eines anderen, formieren sich blitzschnell zu dreistöckigen menschlichen Pyramiden, die sich in Salti und Überschlägen wieder auflösen. Manchmal springen die Bewegungskünstler so schnell an die Wand, als seien sie die Pfeile und die Kletterwand ein Dartboard.

Körper, die das Unmögliche vollbringen


So spektakulär dies alles ist, so hintergründig der Gedanke des Choreografen Rachid Ouradame. 
„Ich war beeindruckt von Extremsportlern. Die Dinge gemacht haben, die eigentlich gar nicht möglich sind. Sie sind sehr aufmerksam auf ihre Umgebung und das wollte ich auf die Bühne bringen“, sagt der Choreograf. „Es geht um Sensibilität und die Achtsamkeit, um den Körper dazu zu bringen, diese Dinge zu tun.“

Tanz trifft Akrobatik und Extremsport


Rachid Ouramdane, 1971 in Nîmes als Sohn algerischer Einwanderer geboren, kam über den Hip-Hop als Schüler zum Tanz, studierte aber erstmal Biologie. Vielleicht kommt auch daher sein großes Interesse am Menschen und seinen Bewegungen.
„Ich habe oft Extremsport und Tanz auf der Bühne gemischt. Es ist sehr organisch für mich, mit Akrobaten und Tänzern zu arbeiten. Es sind alles Disziplinen, die den Körper erkunden“, so Ouramdane.

Erinnerungen an „Cirque du Soleil“


Zuweilen erinnert der kurzweilige Abend an Performances, wie man sie vom „Cirque du Soleil“ kennt. Waghalsig, mutig, halsbrecherisch. Was zählt, ist das Vertrauen ineinander, das Ausloten von Grenzen, sagt Rachid Ouramdane.
Wenn Nina Caprez, eine Kletterin aus der Schweiz leichtfüssig wie eine Spinne an der Kletterwand kraxelt und sich dann in die Arme zweier Mitkünstler fallen lässt, zählt jeder Bruchteil einer Sekunde. Falsche Körperkommunikation kann hier tödlich enden.

Dieses Werk bleibt im Gedächtnis  


„Corps extrêmes“ ist ein gleichermaßen wuchtiges wie filigranes Werk, das zehn Menschen in gegenseitiger Abhängigkeit eine Stunde lang rhythmisch interagieren lässt. Tänzerisch, weil alles ineinander fließt, akrobatisch, weil fast jeder Moment Gefahren birgt.
„Corps extrêmes“ wirkt wie ein Aufruf von Rachid Ouramdane auch mal eigene Grenzen zu überwinden, Vertrauen in andere aufzubringen und sich nicht im Status Quo auszuruhen. Dabei geht es dem Leiter des Théâtre de Chaillot in Paris um die Darstellung von Grenzerfahrungen, persönlichem Risiko und der Suche nach Freiheit.
Er erzählt in einer sehr physischen Tanzsprache von Abenteuern und Absturz, von Vertrauen und Versagen. Ein atemberaubender Abend, der noch lange im Gedächtnis bleibt.
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