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Jorn Ebner: Polyphonie an der Peripherie

Jorn Ebner: Polyphonie an der Peripherie

Update: 2025-10-19
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Description

„Polyphonie an der Peripherie“ (2024) verwendet private Klangaufnahmen von Wilhelm Schmidt, einem Bürger des Berliner Ortsteils Britz und einstigem Leiter des Museums Neukölln, der in den 1960er Jahren über fast ein Jahrzehnt – wie in der gegenwärtig populären Praxis der Field Recordings – mit seinem Tonbandgerät in West-Berlin, vor allem aber in Neukölln, Geräusche, Gespräche und Radiosendungen zu alltäglichen und spezifischen Themen aufnahm.
Die Aufnahmen umfassen ein breites Spektrum: von der Tierwelt über frühzeitliche Grabungen oder dem Bau der Gropiusstadt, bis zu privaten und öffentlichen Ausflügen oder Zusammenkünften, Glockenklang und heimischem Gesang. Ein daraus resultierendes Konvolut von Tonbändern mit über 600 unterschiedlichen Aufnahmen wurde dem Museum Neukölln vermacht, das eine digitalisierte Fassung zur Verfügung stellte.
Jorn Ebner verwendet daraus drei Arten von Klangmaterial: (a) Störgeräusche und Artefakte, die bei den ursprünglichen Aufnahmen oder beim Digitalisieren entstanden; (b) kuriose Sounds, die wenig erkennbaren Ursprung aufweisen; (c) Schmidts eigene Stimme (und die seiner Enkelkinder). Konkrete Geräusche (darunter Schüsse im Ost-Teil, Tiere, Fahrzeuge, Musikinstrumente) stehen der Musikalität von Stimmen gegenüber (Schmidts Ansagen und Kommentare zu eigenen Aufnahmen; die seiner Enkelkinder; Radiostimmen). Öffentliche und private Klänge gehen eine Symbiose ein.
Die Arbeit umfasst fünf Titel:
1. „Glitches“ besteht aus Aufnahme-, Schnitt- und/oder Digitalisierungsgeräuschen.
2. „Soundscapes“ (1960s) ist eine Soundscape aus Soundscapes.
3. und 4. „Voices (I) und (II)“ sind Klangcollagen aus Ansagen, die Wilhelm Schmidt für die Katalogisierung der eigenen Aufnahmen verwendete. In den Arbeiten sind, mit wenigen Ausnahmen, nur die Ansagen zu hören, nicht aber die auf den Originalbändern festgehaltenen Geräusche und Klänge.
5. „Echoes“ ist eine Eigenkomposition, die als Echo zu den obengenannten konzipiert wurde.
Dem Klangbild (auf Endlos-Tapes und Audio-Datei-Loops für Kassettenplayer und Media Player) stellte Jorn Ebner visuelle Entsprechungen zur Seite: Eine digitale Zeichnung als künstlerische Kartografie der Klänge und Objekte (aus Pappwabenplatte, Textil und Glas), die einen privat anmutenden Raum markieren.
„Polyphonie an der Peripherie“ entstand als mehrteilige audio-visuelle Arbeit für die Ausstellung „Bild und Plan“ in der Kulturstiftung Schloss Britz, Berlin, und wurde vom 16.11.2024 - 07.02.2025 ausgestellt. Mit ausgewählten Samples der Arbeit performte Jorn Ebner „Britz Bop“ zur Eröffnung am 15.11.2024.
Komposition und Realisation: Jorn Ebner
Autorenproduktion 2024

Begründung der Jury


Der Karl-Sczuka-Förderpreis 2025 geht an die Produktion „Polyphonie an der Peripherie“ von Jorn Ebner. Material für dieses Werk ist eine Sammlung privater Tonbandaufzeichnungen von Wilhelm Schmidt, der in den 1960er Jahren in Berlin Neukölln Geräusche, Gespräche und Radiosendungen aufnahm. Ebner nutzt für seine experimentelle Komposition akustische Fragmente dieses Archivs, Ansagen, Aufnahme- und Bearbeitungssounds.

Jorn Ebner


Bildender Künstler. Wohnorte: Hamburg bis 1995, London und Newcastle upon Tyne bis 2009, seither Berlin. Studien: Freie Kunst (Central Saint Martins, London, 1995-1998); Magister der Anglistik, Geschichte und Kunstgeschichte (Universität Hamburg, 1990-1995). AHRC Forschungsstipendium Freie Kunst (University of Newcastle upon Tyne, 2002-2005). Kunstpreis des Medienforums München 2001. Von Beginn an Beschäftigung mit Kunst im öffentlichen Raum, seit 2000 kommen digitalen Medien und Internet-Technologien hinzu, seit 2007 liegt sein Fokus auf Klang und Zeichnung. Darunter die Klangkunst im öffentlichen Raum-Projekte, gefördert von der Freien und Hansestadt Hamburg: „(The Beatles) in Hamburg“ (2011), als Buch/CD beim Verlag The Green Box, Berlin, erschienen und „Perifaerye“ (2023), als Vinyl - Release mit Buch und Poster gemeinsam vom Fantôme-Verlag, Berlin, und dem Label gruenrekorder, Frankfurt/Hanau veröffentlicht. Internationale Solo- und Gruppenausstellungen sowie New-Media-Art-Festivalteilnahmen (Siggraph; Ars Electronica und andere) seit 2000.
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