Discover1000 AntwortenWarum erinnern sich Alzheimer-Patienten an ihre Kindheit, aber nicht ans letzte Frühstück, Eckart von Hirschhausen?
Warum erinnern sich Alzheimer-Patienten an ihre Kindheit, aber nicht ans letzte Frühstück, Eckart von Hirschhausen?

Warum erinnern sich Alzheimer-Patienten an ihre Kindheit, aber nicht ans letzte Frühstück, Eckart von Hirschhausen?

Update: 2025-11-031
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Unser Gehirn besteht aus verschiedenen Bereichen. Es gibt ältere und neuere Teile. Zum Beispiel erinnern sich viele an Gerüche aus der Kindheit – die sind im Hippocampus abgespeichert. Das ist ein sehr tiefer, ursprünglicher Teil vom Gehirn. Es ist der Teil des Gehirns, der aber auch für die Bildung und das Abrufen neuer Erinnerungen zuständig ist. Bei Alzheimer-Demenz ist die Region des Hippocampus besonders früh betroffen.
Musik wiederum hat die Eigenschaft, dass sie sehr stabile Erinnerungen schafft. Und die Musik, die wir so zwischen 15 und 25 gehört haben, die bleibt sehr lange im Gedächtnis erhalten. Man vermutet, dass sich in dieser Zeit die Identität maßgeblich entwickelt.
Ein Mann, den ich für meine Doku getroffen habe, der gar nicht mehr wusste, wohin er gereist ist, wusste noch, wie Bob Dylan klingt und wie das Lied weitergeht. Das hängt damit zusammen, dass Erinnerungen, die schon lange her sind, also vor allem solche aus der Kindheit, oft stabiler sind und stärker in mehreren Hirnarealen verankert. – Wahrscheinlich sind sie also auch außerhalb des Hippocampus abgespeichert, weil sie über die Jahre hinweg oft wiederholt und abgespeichert wurden.
Die Erinnerungen sind nicht notwendigerweise sonderlich detailreich oder lebhaft. Stattdessen wurden sie in den Wissensbestand über das eigene Leben und die Identität aufgenommen. Deshalb sind diese Gedächtnisinhalte robuster als die Erinnerungen aus der jüngeren Vergangenheit.
Wenn eine Person, die an Alzheimer erkrankt ist, also jeden Morgen seit 40 Jahren dasselbe Frühstück isst, wäre das wohl eine eher stabile Erinnerung. War es ein spontanes Frühstück, wäre eine Anekdote aus den Jugendjahren wahrscheinlich viel klarer.
Das ist auch ein wichtiger Hinweis auf eine therapeutische Dimension, denn wir können unser Musikgedächtnis nicht nur trainieren, indem wir Musik hören, sondern auch aktiv werden, singen, tanzen, musizieren – und auch wenn man das als Jugendlicher nicht gemacht hat, das lohnt sich in jeder Lebensphase.

Was bedeutet das für die Therapie?


Wir bilden ja beim Erinnern immer wieder neue Erinnerungen. Wir rufen also Dinge aus dem Gedächtnis auf, stellen uns Dinge dazu vor und speichern dann beides wieder ab. Da gibt es den Reminiszenz-Effekt. Der ist auch therapeutisch wichtig, indem Menschen, die sich an bestimmte Dinge über einen Alltagsgegenstand, ein Musikstück oder über ein Foto erinnern können, sich dann auch wieder an andere Dinge erinnern können.
Auch eine gute Heimversorgung versucht darauf einzugehen, dass man dann zum Beispiel die Tapeten aus der Zeit hat oder auch Fotos von den großen Stars aus der Zeit. Insofern ist dieser Reminiszenz-Effekt therapeutisch wichtig, weil er Sicherheit und Vertrauen geben kann. Manche Alzheimer-Betroffene "springen" gedanklich zurück in die Zeit, in der sie sich noch sicher und orientiert gefühlt haben.
Mehr dazu in der ARD Doku "Hirschhausen und das große Vergessen"
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