„Paralleluniversum“ oder besseres Geld? EZB-Berater und Ex-Wirtschaftsweiser streiten über digitalen Euro
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Bargeld befindet sich weltweit auf dem Rückzug. Und selbst in Deutschland, dem Land der Bargeld-Fans, zahlen inzwischen mehr Menschen mit Karte als mit Scheinen und Münzen. Das geht aus einer aktuellen Allensbach-Umfrage zum Bezahl- und Einkaufsverhalten in Deutschland hervor.
Der bargeldlose Zahlungsverkehr wird jedoch nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen Ländern der EU von drei großen US-Konzernen dominiert: Visa, Mastercard und Paypal. Um die digitale Souveränität Europas zu stärken, treibt die Europäische Zentralbank (EZB) das Projekt digitaler Euro voran: Ende Oktober beschloss der EZB-Rat, die nächste Projektphase auf dem Weg zu einer möglichen Einführung zu starten.
Nach Angaben der EZB könnten schon 2027 die ersten Testtransaktionen durchgeführt und ab 2029 die ersten digitalen Euros ausgegeben werden. Doch dafür müsste schon im kommenden Jahr ein Rechtsrahmen beschlossen werden – und das ist derzeit alles andere als sicher.
Zum Hintergrund des digitalen Euro: Privatkunden halten auf ihren Bankkonten sogenanntes Giralgeld. Das ist elektronisches Buchgeld, aber kein Zentralbankgeld. Es wird erst zu Zentralbankgeld, sobald wir es am Automaten abheben und als analoges Bargeld in den Händen halten. Der digitale Euro wäre die erste Form von digitalem Zentralbankgeld, die Privatpersonen in einer digitalen Wallet halten könnten.
Der Ökonom und frühere Wirtschaftsweise Peter Bofinger kritisiert die Pläne der EZB: „Das ist ein Eingreifen der EZB in ein privates Geschäftsmodell, für das es keine ordnungspolitische Rechtfertigung gibt“, sagt Bofinger im Streitgespräch mit Jürgen Schaaf, dem Berater der Leitung des Bereichs Marktinfrastruktur und Zahlungsverkehr bei der EZB, in der aktuellen Folge von Handelsblatt Today.
Statt eines digitalen Zentralbankgelds fordert Bofinger die Förderung privatwirtschaftlicher europäischer Lösungen wie den Bezahldienst Wero, der aktuell von Banken aus fünf EU-Staaten betrieben wird und als PayPal-Alternative im E-Commerce startet.
„Dass die Leute nicht mehr mit Bargeld bezahlen wollen, dass die Händler es nicht haben wollen, dass die Banken es nicht haben wollen – das geht nicht auf die Zentralbanken zurück, sondern es passiert“, entgegnete Schaaf. Das Ziel sei es, die Elemente des Zentralbankgeldes, die es bislang nur analog gab, für den Bürger zukünftig auch in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen.
Moderiert von Anis Micijevic
Produziert von Florian Pape
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